Presseberichte zu

Himalaya 2016

Rhein Neckar Zeitung 21/22.01.2017

Klettern gegen Krebs

Traunsteiner Tagesblatt

Höhenluft statt Depression

4.9

Berchtesgaden - Normalerweise geht Markus Maldinger wie viele andere aus reiner Freude in die Berge. Doch bei seiner für Anfang Juli geplanten Zehn-Gipfel-Tour in den Berchtesgadener Alpen werden ihn wohl auch einige ernste Sorgen begleiten. Der 45-jährige Mannheimer wird sich nämlich Gedanken um seine im Jahr 2010 an Krebs erkrankte Freundin machen. Die erschütternde Diagnose hatte den Anstoß für dieses Bergprojekt gegeben. Maldinger will mit seiner Mammuttour zwischen Hohem Göll und Hochkalter auf die Arbeit der Deutschen Krebshilfe aufmerksam machen und einen Spendenaufruf starten.

 

Der schlimme Tag im Sommer des Jahres 2010 ist Markus Maldinger noch gut im Gedächtnis. Mit seinen Freunden vom »Psycho-Wanderkreis« war er am Lion-Grat des Matterhorns gerade in einen heftigen Wettersturz geraten, als er von der Krebserkankung seiner damals 33-jährigen Freundin erfuhr. Das bestärkte die Truppe darin, den schon in Erwägung gezogenen Rückzug anzutreten. Für den Mannheimer war es auch deshalb ein Schlag, weil er zuvor schon seine Stiefmutter und seinen Onkel durch den Krebs verloren hatte.

»Nach der ersten Depression wurde mir klar, dass ich irgendetwas gegen den Krebs unternehmen musste«, erklärt der ausgebildete Krankenpfleger, der heute als Justizvollzugsbeamter in Mannheim arbeitet. Er entschied, sich mit seinem Hobby, dem Bergsteigen und Klettern, in den Dienst der guten Sache zu stellen. Mit einer öffentlichkeitswirksamen Zehn-Gipfel-Tour will er auf die Arbeit der Deutschen Krebshilfe aufmerksam machen und einen Spendenaufruf starten. Dazu will er unterwegs und auf den Berghütten Prospekte verteilen.

Schauplatz dieser Aktion sollen die Berchtesgadener Berge sein, denn die kennt Maldinger am besten. Schließlich war er von 1990 bis 1998 bei den Struber Gebirgsjägern stationiert und so auch dienstlich viel in den Berchtesgadener Alpen unterwegs. Außerdem ist er regelmäßig mit seinen Freunden hier in Urlaub, um zu wandern und zu kraxeln. Zu den Lieblingstouren des 45-Jährigen gehört die Wiederroute zur Watzmann-Mittelspitze. Logisch, dass auch die ein Teil seines Bergabenteuers im Juli sein wird.

Der Startschuss soll nach den derzeitigen Planungen am 1. Juli fallen. Die lange Tour wird an der Enzianhütte an der Roßfeldstraße beginnen. Alleine wird Markus Maldinger zum Purtschellerhaus aufsteigen und dort seine erste Nacht verbringen. Weiter geht es am nächsten Tag über den Schustersteig auf den Gipfel des Hohen Göll, dann über das Hohe Brett hinunter zum Schneibsteinhaus. Tags darauf will der Mannheimer über den Schneibstein und den Kahlersberg die Wasseralm erreichen.

Besonders anstrengend wird es am nächsten Tag, wenn mit dem fast 3 000 Meter hohen Hochkönig der höchste Punkt der Rundtour erreicht wird. Vom Matrashaus geht es über die Schönfeldspitze zum Riemannhaus. Am sechsten Tag wartet die Strecke zum Ingolstädter Haus über den Hundstod und hinunter zum Kärlingerhaus am Funtensee. Über die Saugasse soll dann der Königssee erreicht werden, wo aber schon gleich wieder der Aufstieg über den Rinnkendlsteig zur Kührointhütte wartet.

Von dort ist es nicht weit bis ins Watzmannkar, wo sich der Einstieg zur Wiederroute befindet. Auf der Mittelspitze angekommen, geht es über den Watzmanngrat hinüber zur Südspitze und anschließend rund 1 500 Meter hinab zur Wimbachgrieshütte. Nicht weniger anstrengend wird wohl der letzte Tag werden. Der soll den Aufstieg vom Wimbachschloss zur Hochalmscharte, den Übergang zum Blaueiskessel und den Aufstieg zum Hochkalter bringen. Wenn Markus Maldinger so weit kommt und die Tour im Ofental langsam zu Ende geht, dann werden ihm die körperlichen Strapazen sicherlich zu schaffen machen. Gleichzeitig wird der 45-Jährige die letzten Schritte mit dem guten Gefühl gehen, etwas gegen die Krankheit Krebs unternommen zu haben. Das ist Markus Maldinger wichtig, auch wenn es seiner Freundin heute schon wieder deutlich besser geht.

Alle Informationen zur Zehn-Gipfel-Tour gibt es unter www.klettern-gegen-krebs.de. Ulli Kastner


16 000 Höhenmeter als Mittel gegen Depression

4.8

Berchtesgaden – Ein tagelanges Auf und Ab kennzeichnete Markus Maldingers Zehn-Gipfel-Tour letztes Jahr im Juli in den Berchtesgadener Bergen. Ohnehin sind dem 46-jährigen Mannheimer Höhen und Tiefen bereits aus dem alltäglichen Leben gut bekannt, denn Hintergrund für das ehrgeizige Projekt unter dem Titel »Klettern gegen Krebs« war eine traurige Geschichte, die der sympathische Bergfex am Donnerstag auf der BERGinale im kleinen Kreis erzählte.


In seiner Begrüßung drückte Ulli Kastner, Redaktionsleiter des »Berchtesgadener Anzeigers« und Mitbegründer der BERGinale, tiefste Bewunderung für seinen Freund Markus Maldinger aus: »Ich habe seine Geschichte von Anfang an mitverfolgt und auch darüber im ›Berchtesgadener Anzeiger‹ berichtet. Ich freue mich sehr, dass Markus so mutig ist, diese traurige Geschichte mit uns zu teilen«.

Das Thema Krebs verfolgt Maldinger seit dem Jahr 2012. Er war gerade mit seinen Freunden vom »Psycho-Wanderkreis« am Lion Grat des Matterhorns unterwegs, als der Anruf seiner Lebensgefährtin kam. »Ich kann mich noch ganz genau an das Telefonat erinnern, als ich diese drei schrecklichen Wörter aus ihrem Mund hörte: Ich habe Krebs!«

Ab da änderte sich das Leben der beiden komplett. Nach einer langen Odyssee von Arzt zu Arzt beschloss Maldinger, den Kopf nicht in den Sand zu stecken, sondern etwas gegen diese »Ohnmacht, nicht helfen zu können« zu unternehmen. Die erschütternde Diagnose hatte den Anstoß für das Bergprojekt gegeben, mit dem er auf die Arbeit der Deutschen Krebshilfe aufmerksam machen und Spenden sammeln wollte. Die Entscheidung für die Berchtesgadener Alpen fiel ihm nicht schwer, denn von 1990 bis 1998 war er bei den Struber Gebirgsjägern stationiert und kennt sich in den hiesigen Bergen gut aus.

Nachdem die Infoprospekte gedruckt worden waren, die er in jeder Hütte und auf jedem Gipfel hinterlegen wollte, der Kontakt zum »Berchtesgadener Anzeiger« für die Öffentlichkeitsarbeit geknüpft sowie die Route geplant worden war, ging es am 1. Juli 2013 mit 18 Kilo auf dem Rücken los auf eine Tour voller Überraschungen, neuer Eindrücke und einiger Hürden.

Gestartet wurde am Purtschellerhaus am Hohen Göll, wo er auch seine erste Nacht verbrachte. »Nur schlafen konnte ich nicht, der Gedanke an Zuhause ließ mir keine Ruhe. Die Sorge um meine Freundin begleitete mich 24 Stunden am Tag«, so Maldinger traurig. Schnell erreichte er gegen Mittag des nächsten Tages mit dem Hohen Göll seinen ersten Gipfel auf 2 522 Metern. Nach der Besteigung des »Großen Archenkopfs« sah Maldinger von weitem bereits die enormen Schneefelder, die ihm Sorgen bereiteten. Immer wieder sank der Bergfex im tiefen Schnee bis zur Hüfte ein, auf drei verschiedenen Wegen versuchte er weiter Richtung Hohes Brett zu gelangen.

Doch es war aussichtslos, die Zeit lief gegen ihn und es gab nur noch eine Möglichkeit: den Abstieg durch das Alpeltal. 1 200 Höhenmeter ging es talwärts. »Nach einer guten Ewigkeit kam ich auf den Weg zum Jenner«. über den er mit erheblicher Verzögerung noch das Stahlhaus erreichte. Trotz des zwischenzeitlichen Frustes waren die nächsten Gipfel am Tag danach bei schlechtem Wetter schnell erreicht: Hohes Brett, Schneibstein und Kahlersberg.

Der Weiterweg über das Hagengebirge zog sich gewaltig in die Länge. Bevor es so richtig zu regnen begann, erreichte Maldinger erleichtert die Wasseralm. Bei starkem Regen ging es schließlich weiter zum Kärlinger Haus. Am nächsten Tag gab es keine Wetterbesserung, sondern starker Nebel erschwerte den Weg zum Gipfel zusätzlich. Nummer sechs, die Funtenseetauern, erreichte er unter erschwerten Bedingungen.

Über den Rinnkendlsteig erreichte Maldinger tags darauf die Kührointalm. Von hier aus stand der Gipfel des Kleinen Watzmanns auf dem Programm, den der Mannheimer bei starkem Nebel bestieg. Schon ziemlich gezeichnet von den letzten Tagen nahm Markus Maldinger schließlich die letzte Etappe in Angriff. Im Watzmannhaus angekommen, wurde er von den Hüttenwirten Annette und Bruno Verst herzlich begrüßt. Am zehnten Kletter- und Wandertag stand der 46-Jährige endlich auf den letzten drei Gipfeln: Hocheck, Mittel- und Südspitze des Watzmanns.

Weil Markus Maldinger nicht nur gerne Berge besteigt, sondern auch sehr hilfsbereit und kommunikativ ist, blieb er ein wenig länger als geplant im Watzmannhaus, um den Wirtsleuten bei ihrer anstrengenden Arbeit zu helfen. Vielleicht wollte der Mannheimer das Projekt damit aber auch ein wenig verlängern, denn es zog ihn keinesfalls ins Tal zurück.

Das erreichte er dann aber doch und beendete damit sein Abenteuer. Insgesamt 16 000 Höhenmeter hatte er bei seinen Auf- und Abstiegen mit dem 18 Kilo schweren Rucksack zurückgelegt. Alle Prospekte für die Deutsche Krebshilfe hatte er auf der Tour verteilt, jeder Cent, der auf dem Spendenkonto eingeht, soll die Arbeit der Deutschen Krebshilfe unterstützen. Die Spendenaktion sollte aber auch Krebspatienten und deren Angehörigen zeigen, dass sie nicht vergessen und nicht alleine sind. Dabei kam bis jetzt die stolze Summe von 2 932,55 Euro zusammen.

Nach dem Abenteuer eilte Markus Maldinger schnell zu seiner kranken Frau, die er wenige Tage vor Antritt seiner Reise noch geheiratet hatte, zurück. Die Freude über die Tour konnte Markus mit seiner Partnerin nur noch vier Monate teilen. Sie verstarb am 24. Oktober 2013 – nur ein Jahr nach der harten Diagnose. »Da war das andere Ende am Seil von mir gegangen«, sprach Markus Maldinger leise in den Saal.

Silvester 2013 reiste Maldinger erneut ins Berchtesgadener Land, um ganz alleine zum Jahreswechsel an der einsamen Südflanke des Watzmanns Abschied zu nehmen – von der Tour und von dem schweren Jahr, das hinter ihm lag. Maldingers Fazit: »Ein Teil von mir ist gestorben, aber die Botschaft dieser Aktion ist nicht gestorben«. Susann Marschner